Wer überwachen will, muss gut begründen
Die neue Technik macht es möglich: Überwachungstechnik wird immer kleiner und Speicherplatz immer billiger. Das nutzen auch die Arbeitgeber immer häufiger aus. Vor wenigen Tagen hat das Bundesarbeitsgericht in Erfurt die Videoüberwachung am Arbeitsplatz weiter gelockert und damit die Rechte der Arbeitgeber weiter gestärkt.
Konkret ging es bei dem Fall um eine Angestellte eines Tabak- und Zeitschriftenhandels. In der Filiale verschwanden größere Mengen an Tabakwaren. Der Arbeitgeber brachte daraufhin eine Kamera an. Der Tabakdiebstahl konnte nicht aufgeklärt werden, allerdings wertete der Arbeitgeber die Überwachungsbänder sechs Monate später aus und ertappte die Mitarbeiterin beim Griff in die Kasse. Die Angestellte zog gegen die Kündigung vor Gericht, mit der Begründung, dass die Videoaufnahmen längst hätten gelöscht sein müssen und daher als Beweis nicht mehr zulässig wären. Das Landesarbeitsgericht in Hamm folgte dieser Argumentation und erklärte die Kündigung für unzulässig. Das Bundesarbeitsgericht kippt jedoch das Urteil der niedrigeren Instanz:
“Der Beklagte musste das Bildmaterial nicht sofort auswerten. Er durfte hiermit solange warten, bis er dafür einen berechtigten Anlass sah.”
heißt es in der Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts.
DGB-Bundesvorstandmitglied Annelie Buntenbach kritisierte auf Anfrage von heise.de diese Entscheidung:
“In Zeiten allumfassender Überwachungsmöglichkeiten braucht es aber eine Stärkung und keine Schwächung der Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten”
Dass die Überwachung am Arbeitsplatz vor allem im Einzelhandel zu einem echten Problem für Kolleginnen und Kollegen geworden ist, zeigte zuletzt der Fall Lidl. 1,5 Millionen € Bußgeld waren für den Discounter fällig geworden, weil Privatdetektive unter anderem Kameramaterial minutiös auswerteten und Protokolle über Mitarbeitende anlegten. (Quelle: FAZ.net)
Überwachung nicht nur durch Kameras
Doch in Zeiten der Digitalisierung ist die Kamera nicht das einzige Überwachungsgerät der Arbeitgeber. An Büroarbeitsplätzen setzen manche Arbeitgeber auf Keylogger. Diese zeichnen jeden Tastenanschlag des Nutzenden auf und können anschließend ausgewertet werden. Doch so mancher Arbeitgeber stellt sich damit selbst ein Bein.
“Die Gewinnung von Daten des Beschäftigten ist nach dem Datenschutzgesetz nur dann erlaubt, wenn der Arbeitgeber sich auf Tatsachen stützen kann, die den Verdacht einer Straftat oder einer schwerwiegenden Pflichtverletzung begründeten.”
schreibt dgbrechtsschutz.de zu einem Fall in dem der Arbeitgeber einen Keylogger einsetzte. Dennoch sollten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beim privaten Surfen am Arbeitsplatz vorsichtig sein.
“Bei der privaten Nutzung des Internets am Arbeitsplatz ist auch bei Fehlen einer entsprechenden Regelung im Arbeitsvertrag für die Arbeitnehmerinnnen Vorsicht geboten”
warnt Fabian Wilden vom ver.di Landesbezirk Nordrhein-Westfalen auf heise.de
§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG
Für Betriebsräte gilt daher: Augen und Ohren auf, wenn der Arbeitgeber überwachen will. Wichtigstes Werkzeug: Das Betriebsverfassungsgesetz § 87 Abs. 1 Nr. 6. Hier sind die wichtigsten Regeln der Mitbestimmung bei technischen Kontrollsystem festgelegt. Auch die neue Datenschutz Grundverordnung bietet einiges Material für zukünftige Betriebsvereinbarungen rund um das Thema Datenschutz.
weitere wertvolle Hinweise bietet auch die Hans-Böckler-Stiftung mit ihrem
Praxiswissen Betriebsvereinbarungen..
Über den Autor
ist Bildungsreferent bei Arbeit und Leben Thüringen
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